44. Kölner Mediaevistentagung 2024 zum Thema »Konstellationen«.

Ursprünglich bezeichnete man als ‚Konstellation‘ eine Gruppe benachbarter Fixsterne und ihre räumliche Beziehung zueinander oder auch eine bestimmte Stellung von Planeten (synastríaconstellatio). Sternkonstellationen werden so zu Zeichen eines kosmologischen Ganzen. Aus ihnen kann die Absicht eines göttlichen Schöpfers abgelesen werden, aber auch der günstige Moment für den Hochzeitstag, wie bei der Hochzeit zwischen Merkur und Philologie im Lehrgedicht des Martianus Capella. Doch bereits im astrologischen Kontext wandelt sich die Bedeutung von der Gesamtheit der Sterne hin zur Freundschaft. Es findet somit eine Übertragung von der astronomisch-astrologischen Sphäre auf die politischen, sozialen und historischen Verhältnisse statt. Und schließlich versteht man unter einer Konstellation die Gesamtlage, wie diese sich aus dem Zusammentreffen besonderer Umstände und Verhältnisse ergibt. Dies kann eine Anordnung von Personen sein: beispielsweise in Kunst, Politik und Wissenschaft, etwa Künstlerzirkel, Parteiungen und Wissenschaftskollektive. Man kann in diesem Zusammenhang an die Hofschule Karls des Großen denken, an die Kölner Malerschule des 14. und 15. Jahrhunderts oder an Paris im 13. Jahrhundert, dort an die besondere Konstellation von Institutionen: die neu ge­gründete Universität, die Studia und Klöster, und die beteiligten Personen, darunter Bonaventura und Thomas von Aquin, die wenigstens zweimal gemeinsam in Paris lehrten und deren Gedenkjahr anlässlich ihres 750. Todestages wir 2024 feiern. Auch die beiden Syllabi des Pariser Bischofs Étienne Tempier vom 10. Dezember 1270 und vom 7. März 1277 bilden Referenzdokumente für intellektuelle Debatten und Frontlinien, die durch umfangreiche Quellenstudien historischen Quellen wie zeitgenössischen Autoren zugeordnet werden können. Auf diese Weise wird ein dynamisches und dichtes Beziehungsgeflecht aus Personen, Ideen, Theorien, Problemen und Dokumenten sichtbar, „in der Weise, dass nur die Analyse dieses Zusammenhanges, nicht aber seine isolierten Bestandteile, ein Verstehen der philosophischen Leistung und Entwicklung der Personen, Ideen und Theorien möglich macht“; so bestimmt Martin Mulsow, was eine philosophische Konstellation ist.

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