In memoriam Paul Gerhard Klussmann
Paul Gerhard Klussmann war von 1971 bis 1988 Professor und Inhaber des Lehrstuhls für Neugermanistik IV am Germanistischen Institut. Sein Ordinariat fiel damit in eine Zeit großer Umbrüche, die mit Schlagworten wie „Massenuniversität“, „Studienreform“, „Krise der Germanistik“ und „Sparzwang“ nur angedeutet seien. Paul Gerhard Klussmanns Tatkraft, Weitblick und Organisationsgeschick haben in nicht geringem Umfang dazu beigetragen, daß unser Institut diese stürmischen Jahre, die sich im Nachhinein als Auftakt eines noch weit tiefgreifenderen Strukturwandels der Universität herausstellten, gut bewältigen konnte.
Paul Gerhard Klussmann war ein inspirierender Hochschullehrer. Jeder, der das Glück hatte, an seinen Seminaren teilzunehmen, wird diesen Eindruck bezeugen können. Als von der Sache – der Literatur deutscher Sprache – Begeisterter wußte er eben diese Begeisterung auch in vielen seiner Zuhörer und Schüler zu wecken. Klussmann war ein genauer Leser mit Spürsinn für den verborgenen Gehalt poetischer Sprache – an ausufernden Theoriediskussionen, die ihm von jener Sprache der Dichtung wegzuführen schienen, war er weniger interessiert; er hat sie aber in seinen Doktorandenkolloquien geduldig ertragen. Klussmann war ein Philologe im Wortsinn. Dabei war ihm die geisteswissenschaftliche Einbettung der Philologie durch seine Münsteraner Studienzeit – für die Namen wie Benno von Wiese und Joachim Ritter stehen mögen – stets eine Selbstverständlichkeit, aber auch eine stete Herausforderung.
Über Paul Gerhard Klussmanns wissenschaftliches Werk sind wir durch Carsten Zelles beeindruckende Geschichte der Bochumer Neugermanistik und ihrer maßgeblichen Personen bestens informiert. Daher ist an dieser Stelle kein Resümee nötig. Erwähnt sei nur, daß die Interessenschwerpunkte des „jungen Klussmann“ – die Literatur der Romantik und das Oeuvre Stefan Georges – in späteren Jahren durch eine dezidierte Zuwendung zu der Literatur unserer Zeit und den Literaturverhältnissen im geteilten und dann wiedervereinigten Deutschland ergänzt wurden. Ja man darf sagen, daß er in diesem Themenkreis und dem ihm gewidmeten „Institut für Deutschlandforschung“ seine späte Bestimmung gefunden hat.
Paul Gerhard Klussmanns Lehrstuhl wurde mit seiner Emeritierung gleich wieder abgewickelt. So konnte keine spezifische – an dieses Katheder gebundene – Tradition etabliert werden. Seine Erben und Sachwalter sind daher recht eigentlich alle nachfolgenden Neugermanisten des Germanistischen Instituts. Sie werden immer wieder auf Spuren stoßen, die Klussmanns Wirken bezeugen, das mit seinem Tode nicht endet: Sei es in der Bibliothek, der er die bedeutende Sammlung biedermeierlicher Taschenbücher und Almanache eingegliedert hat; sei es in den „Bochumer Schriften zur Deutschen Literatur“ die er begründet hat; sei es auf den Tagungen und angesichts der Publikationen des „Deutschlandinstituts“, dem er als Direktor vorgestanden hat; und sei es schließlich in der Resonanz, die er als Forscher, Lehrer und Organisator im Ausland gefunden hat, insbesondere in Polen, in Rußland oder an der Universität Bologna, deren Fakultät für Philologie ihm die Ehrendoktorwürde verlieh.
In Trauer, mit großem Respekt vor der Leistung eines langen Lebens, vor allem aber in Dankbarkeit nimmt das Institut Abschied von Professor Paul Gerhard Klussmann.
Gerhard Plumpe