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Am 18. November 2019 fand zum wiederholten Mal ein Vortrag zur Vortragsreihe „Alle Jubeljahre – Erinnerung an bedeutende Persönlichkeiten“ im Blue Square statt. In diesem kulturellen Format sollen literarische Texte von Dozenten der RUB für die Öffentlichkeit präsentiert und diskutiert werden. Ein sehr gelungener Beitrag wurde durch PD Dr. Andreas Beck vom Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum präsentiert, der in der Forschungsgruppe „Journalliteratur“ an von der Ruhr-Universität Bochum forscht.
„Wie Wilhelm Grimm den deutschen Märchenwald aufforstet“
Wie Dr. Beck berichtete, behauptete Wilhelm Grimm immer wieder, dass seine Märchen auf den mündlichen Erzählungen von Dorothea Viehmann basierten und dass er sehr viel Wert darauf lege, diese Erzählungen detailgetreu wiederzugeben. Jedoch entlarvten die Manuskripte, welche 1920 in der elsässischen Abtei Ölenberg gefunden wurden, diese Entstehungsgeschichte als Grimm’sches Märchen. Denn die sogenannte Ölenberger Handschrift, die Ur-Aufzeichnung der Grimm’schen Märchen, zeige, dass die Brüder keineswegs dem Volksmund abgelauschte Texte treu dem Druck überliefert hatten. Gerade Wilhelm Grimm habe die gesammelten Märchen offenbar immer wieder überarbeitet, was etwa die verschiedenen Fassungen von Hänsel und Gretel zeigen.
Von der Ölenberger Handschrift über die verschiedenen Auflagen der Kinder- und Hausmärchen entwickelte sich der Text zu einem merkwürdigen Elaborat: In der Tradition der Aufklärung pochte Wilhelm Grimm pedantisch auf Wahrscheinlichkeit und Notwendigkeit des Erzählten; mit schauerromantischen Effekten macht er sein schlichtes Material für die Leser interessanter und erweiterte diverse Textstellen um spannende neue Fakten. Diese erzählerischen Zusätze wohl sollten einerseits die Handlung verständlicher machen, andererseits mehr beim Leser mehr Spannung hervorrufen.
Dr. Beck zeigt in seinem Vortrag eindrücklich an diversen Beispielen, wie man diese stilistischen Manipulationen von Wilhelm Grimm erkennen kann. Spätestens die nachträglich eingefügten Nebenfiguren verschiedenster Vögel regten zum Überdenken der Grimm’schen Märchen an. Dr. Beck schaffte es so mit seinem Vortrag, längst etablierte Märchen zu hinterfragen und dafür zu sorgen, dass aufmerksam Lesende nicht alles so hinnehmen, wie es auf den ersten Blick erscheint. Die vielen interessierten und interessanten Rückfragen am Schluss des Vortrages zeigten deutlich, wie präsent und beliebt diese Märchen noch immer sind.
Wer sind die Organisatoren?
Das Dezernat Hochschulkommunikation der RUB
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[C. F.]