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Am 17. Mai 2019 fand die erste Veranstaltung der neuen RUB-Reihe „Werke der Weltliteratur“ im Blue Square statt. In diesem kulturellen Format werden literarische Texte von Weltformat für die Öffentlichkeit präsentiert und diskutiert.
Den sehr gelungenen Auftakt machte Dr. Lina Herz vom Germanistischen Institut, indem sie einen der bedeutendsten Texte des Mittelalters vorstellte: „Gold & Gemetzel. Das Nibelungenlied“.
Kaum ein anderer mittelalterlicher Text ist so stark im kulturellen Gedächtnis der Deutschen verankert wie das Nibelungenlied; vom Mythos um Siegfrieds Drachenkampf und dem sagenhaften nibelungischen Rheingold hat fast jeder schon einmal gehört. Dass dies allenfalls Nebenhandlungen einer komplexen Geschichte um Liebe, Macht, Betrug, Neid, Schuld, Hass, Rache und der quälenden Frage nach Gerechtigkeit sind, wurde in diesem Beitrag von Dr. Herz vorgestellt, veranschaulicht und diskutiert. Wie unüberwindbar (menschliche) Abgründe werden können, führt kaum ein Text so deutlich vor Augen wie das Nibelungenlied.
Schon in den ersten Minuten wird klar, Lina Herz ist nicht nur fachlich mit dem Thema sehr vertraut, sondern präsentiert das Nibelungenlied mit absolutem Herzblut:
Noch heute findet man im Siegfried-Museum in Xanten diverse Informationen über Siegfried und seine Geschichte. Doch entsteht das Nibelungenlied um 1200.
In der Blütezeit der höfischen Epik schreibt ein anonymer Autor also diesen alten Sagenstoff um den Drachenkämpfer Siegfried auf und bindet ihn mit dem Untergang der Burgunden neu zusammen. Was zunächst überraschend scheint, wird aber offensichtlich Programm des Textes, wenn sich gleich auf den ersten Textseiten typisch ‚Höfisches‘ und typisch ‚Heroisches‘ überlagert. Besonders sichtbar, so zeigt Frau Herz an Textbeispielen auf, wird das an der Figur des Siegfried.
Zuletzt führt Frau Herz aus, dass die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Text in den vergangenen Jahren sehr klare Oppositionen geschafften hat. So gibt es Kritiker, welche die Meinung vertreten, dass der unbekannte Dichter des Nibelungenliedes kein guter Dichter war, weil er Handlungen und Zusammenhänge nicht genau ausführte, plausibilisierte und so Sachverhalte nicht klärte. Die Fürsprecher hingegen sind der Meinung, dass der Dichter sein Handwerk mehr als beherrschte und mit einer bestimmten Unschärfe, mit kalkulierter Unbestimmbarkeit, ganz bewusst Spannung und keine klaren Sachverhalte schaffen wollte.
Der Vortrag von Frau Dr. Herz bildete den perfekten Auftakt für die Veranstaltungsreihe über literarische Texte. Sie berichtete mit Expertise und Leidenschaft über das Nibelungenlied, sodass der Beitrag lebendig, frisch, und spannend war und Frau Dr. Herz damit alle Zuhörerinnen und Zuhörer zum Nachdenken brachte, was durch die interessierten Rückfragen der Teilnehmenden deutliche wurde und die thematische Aktualität eines so alten Textes zeigte.
Wer ist die Referentin?
Lina Herz (*1984) arbeitet seit 2009 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Germanistische Mediävistik (insbesondere deutsche Literatur des Spätmittelalters) von Prof. Dr. Bernd Bastert in verschiedenen Forschungsprojekten. Im Juli 2015 wurde sie promoviert und seit Oktober 2017 ist sie Akademische Rätin auf Zeit am genannten Lehrstuhl.
Wer sind die Organisatoren?
Das Dezernat Hochschulkommunikation der RUB
Kommende Veranstaltungen?
Alle Termine zu den kommenden Veranstaltungen sind zu finden unter:
https://blue-square.rub.de/veranstaltungen
[C. F.]